Herr Stockhoff, stellen Sie sich doch bitte kurz vor, und nennen Sie uns ein paar Eckdaten zur Bürgerstadt Dorsten. Was macht Dorsten so anders?
Mein Name ist Tobias Stockhoff, ich bin 39 Jahre alt und seit 2014 Bürgermeister meiner Heimatstadt Dorsten. Zuvor war ich als Diplom-Physiker tätig. Unsere Stadt zeichnet unter anderem ein sehr hohes bürgerliches Engagement aus. So bin ich sehr stolz darauf, dass in allen elf Stadtteilen regelmäßig bürgerschaftlich organisierte Stadtteilkonferenzen stattfinden, in den die Bürgerinnen und Bürger Entwicklungen im Quartier diskutieren und so beraten und mitentscheiden, was vor ihrer Haustür passiert. Außerdem werden mit Unterstützung der Stadtverwaltung Projekte vorgestellt und neue Ideen angeschoben. Jeder unserer elf Stadtteile hat seine ganz eigenen Talente. Zusammen bilden wir eine ausgezeichnete Elf, wir sind ein tolles Team.
Sie sind auch der Vorstandsvorsitzende im Verein „Dorsten dank(t) Dir e.V.“, der uns auch schon zwei Mal unterstützt hat. Wie kam es zur Vereinsgründung und was genau macht der Verein?
„Dorsten dank(t) Dir“ ist der Name des Vereins für bürgerschaftliches Engagement, der seit seiner Gründung Ende 2017 regelmäßig Spenden für gemeinnützige Projekte vergibt, die von Bürgerinnen und Bürgern sowie von Firmen zur Verfügung gestellt werden. Es konnten bereits knapp 30 Förderungen an Gruppen erteilt worden – dabei ist eine Fördersumme von 32.443 Euro ausgezahlt worden. Zusätzlich konnten 82.600 Euro aus zahlreichen zweckgebundenen Spenden weitergeleitet werden. Wer spenden möchte, kann den Verwendungszweck jederzeit selbst bestimmen. Wer beispielsweise Geld an einen bestimmten Verein oder eine Organisation spenden möchte, kann seine Spende über „Dorsten dank(t) Dir“ unkompliziert abwickeln. Bürgerinnen und Bürger bzw. Firmen können ihre Spende aber auch gezielt nur einem bestimmten Lebensbereich zukommen lassen: dazu zählen u.a. Bildung und Schule, Kinder und Jugend oder Sport. Ausschlusskriterien gibt es so gut wie keine. Über die Förderung entscheidet dann der Beirat von „Dorsten dank(t) Dir“, dem auch elf gewählte Vertreter aus den elf Dorstener Stadtteilen angehören. Wer keinen konkreten Verwendungszweck und auch bestimmten Lebensbereich ins Auge gefasst hat, kann natürlich ebenfalls spenden – auch in diesem Fall entscheidet der Beirat über die Förderung.
Sie haben vom ersten Tag an die Entwicklung von Parkinson Youngster e.V. mit begleitet und auch unterstützt. Vielen Dank auch an dieser Stelle dafür. Wie sehen Sie die Entwicklung und die Wichtigkeit unserer Selbsthilfe?
Ich halte Ihre Arbeit für sehr wertvoll und immens wichtig, deshalb unterstütze ich Sie gerne. Ihre Selbsthilfegruppe leistet unschätzbare Arbeit. Und das übrigens nicht nur für Betroffene, sondern auch für Angehörige und Freunde. Viele glauben, dass nur Menschen hohen Alters an Parkinson erkranken. Doch das ist nicht der Fall. Nadine Mattes, Gründerin und Ideengeberin Ihres Vereins, hatte schon als Kind die ersten Symptome, mit 35 Jahren wurde dann die Diagnose Parkinson gestellt. Der Bundesverband Parkinson Youngster setzt genau hier an. Auf Ihrer Website steht geschrieben: Wenn Selbsthilfe Bock macht, dann ist sie eine Bereicherung in jeder Lebenssituation. Ein Satz, der es absolut auf den Punkt bringt.
Parkinson Youngster e.V. beteiligt sich auch an dem Zusammenschluss der „Dorstener Selbsthilfe AG“. Erzählen Sie uns doch bitte aus Ihrer Sicht, weshalb ein solches Netzwerk der unterschiedlichen Selbsthilfegruppen wichtig ist?
In der Dorstener Selbsthilfe AG profitieren die Selbsthilfegruppen enorm voneinander. Schon bei der Gründung einer Selbsthilfegruppe gibt es viele Fragen, bei denen ein Austausch mit erfahrenen Personen sehr hilfreich sein kann. Gegenseitige Unterstützung ist für die Arbeit in Selbsthilfegruppen enorm wichtig – das bezieht sich etwa auch auf bürokratische Aufgaben, die hier nicht zu unterschätzen sind. Ich bin auf jeden Fall sehr froh, dass das Angebot von Selbsthilfegruppen in unserer Stadt so umfangreich ist.
Mit Parkinson Youngster e.V. hat Dorsten den ersten Bundesverband für Selbsthilfe mit Sitz in Dorsten. Was bedeutet das für Sie, persönlich, als Bürgermeister und für die Stadt Dorsten insgesamt?
Dass Parkinson Youngster seinen Sitz in Dorsten hat, betrachte ich als Anerkennung für die tolle Arbeit von vielen ehrenamtlichen Menschen in unserer Stadt. Es ist sicher auch eine hohe Wertschätzung für die Bürgerschaft, die Politik und die Verwaltung. Ich würde mich natürlich sehr freuen, wenn diese Entscheidung Signalwirkung hat und wir uns in Dorsten in Sachen Selbsthilfe noch besser und breiter aufstellen können.
Wir werden auch im kommenden Jahr wieder verschiedene Veranstaltungen durchführen: Zweimal unser Camp-Projekt für Kinder, Angehörige und Betroffene, werden Gastgeber des internationalen Selbsthilfe-Congress sein und ein 24-Stunden-Schwimmen gemeinsam mit der Lebenshilfe Dorsten durchführen. Wie wichtig sehen Sie Verbandsveranstaltungen für und in der Stadtentwicklung?
Solche Aktionen rütteln auf, sie sorgen für Aufmerksamkeit und holen so etwa Krankheiten und Erkrankte aus der Nische mitten in die Gesellschaft. Es ist unheimlich wichtig, dass Betroffene nicht nur unter sich sind, sondern sich unter gesunden Menschen wiederfinden. Als Bürgermeister unterstütze ich die herausragende Arbeit von Parkinson Youngster natürlich sehr gerne